
Now. Du bestimmst, wer überlebt von Stephan Meier
Thriller | Erscheinungsjahr: 2017 | Taschenbuch: 432 Seiten | Verlag: Penguin |Originalsprache: Deutsch | ISBN: 978-3328100492
Kurzinhalt
Die Welt ist voller Klimakatastrophen, Krisen, Armut und Hoffnungslosigkeit. Aus diesem Grund erschaffen Bill und Mitch den Algorithmus Now, der ausrechnen soll, wie die Menschheit ihrem Untergang entgehen und die Welt gerettet werden kann. Nows Lösung ist radikal. In einer rasenden Geschwindigkeit übernimmt Now alle Lebensbereiche und kreiert perfekte Zonen, die den Auserwählten das bestmögliche Leben bieten, während der Rest der Welt ausgeschlossen wird.
Eigene Meinung
Die Erzählung setzt irgendwann in der Zukunft ein, als Now bereits die Herrschaft ergriffen hat. Die Handlung auf der anderen Seite setzt (viel später im Buch) im Jahre 2026 ein. Die Leser stolpern durch Szenen in einer Zukunft, in der unsere jetzige Welt kaum noch zu erkennen ist, über Szenen, die vor der Übernahme von Now stattfinden und in denen die dargestellte Welt unserer noch erschreckend ähnelt, bis zu Szenen im Now.
Diesen Aufbau fand ich anfangs ein bisschen anstrengend, doch nachdem ich mich darauf eingelassen habe, habe ich erkannt, dass er durchaus sinnvoll ist. Denn gleich zu Beginn werden die Leser mit der abgefahrenen Zukunft gelockt, bevor sie sich erst einmal durch hunderte Seiten von Backstory kämpfen müssen – und das zurecht. Denn die Backstory ist essentiell, um zu verstehen und in einem gewissen Maße nachvollziehen zu können, wie es zu Now kommen konnte.
Das Bild, das Now von der Zukunft unserer Welt zeichnet, ist wirklich sehr düster. Im Prinzip ist die Idee, dass die Erde nicht überleben wird, wenn wir weiterleben wie jetzt. Da ist mit Sicherheit etwas Wahres dran. Die Konsequenz, die Now daraus zieht, ist natürlich sehr extrem, aber für eine Maschine irgendwie verständlich.
All das wird in Now wirklich hervorragend erklärt. Gerade durch die vielen Kapitel, die die Backstory und die technischen Grundlagen betreffen, blicken auch Leser, die wenig Ahnung von Technik haben (so wie ich), gut durch. Diese Genauigkeit, die das Buch teilweise sogar eher wie ein Lehrbuch erscheinen lässt (ganz besonders in ein paar Kapiteln, die eine Talkshow umfassen), war meiner Meinung nach die größte Stärke von Now. Man merkt, dass der Autor sich wirklich mit seinem Themengebiet auskennt.
Die Figuren haben sich für mich etwas distanziert angefühlt. Ich habe nicht wirklich mit ihnen mitgefiebert, sondern habe eher Now und seinen Folgen entgegengefiebert. Aber das ist auch vollkommen in Ordnung. Denn obwohl es in Now auch um Liebe und Familie geht, um Vertrauen und Verrat, tritt all das in den Hintergrund im Vergleich zum Überleben der Menschheit.
In diesem Zusammenhang noch ein Wort zum Genre. Now wird als Thriller verkauft, was in dem Sinne stimmt, da die ganze Welt bedroht ist. Doch wer sich nun Spannung pur vorstellt, wird enttäuscht werden. Tatsächlich liest sich Now mehr wie eine Gesellschaftsanalyse als ein Thriller. Höchsten zum Ende hin wird es ein bisschen spannend.
Ich fand sowohl die Beschreibungen von Eden (der perfekten Lebenszone) als auch die von all den Gebieten, die ausgeschlossen wurden und in denen nun apokalyptische Zustände herrschen, extrem faszinierend. Now schafft eine außergewöhnliche Vision, bei der die Leser selbst die Arbeit leisten müssen, sie zu hinterfragen. Denn Now ist nicht die böse KI, die die Weltherrschaft übernehmen will – ganz im Gegenteil.
Das Ende (und damit meine ich wirklich die letzten paar Sätze) habe ich ehrlich gesagt nicht so richtig verstanden. Also falls ihr das Buch schon gelesen habt, können wir uns gerne darüber austauschen! Alles in allem war Now aber ein sehr originelles und gut durchdachtes Buch!
Bewertung
++++ – Vier von fünf Punkten
Qualityland von Marc-Uwe Kling
Roman | Erscheinungsjahr: 2017 | Hardcover: 384 Seiten | Verlag: Ullstein |Originalsprache: Deutsch | ISBN: 978-3550050152
Kurzinhalt
Deutschland gibt es schon seit einigen Jahren nicht mehr. Das Chaos, dass diese Nation ersetzt hat, wurde beendet von einer neuen Nation: Qualityland. In Qualityland tragen alle Leute als Nachnahmen den Beruf ihrer Mutter oder ihres Vaters. Sie haben digitale Assistenten und sind immer mit ihrem Qualitypad online. Die Algorithmen wissen, welche Produkte die Menschen sich wann wünschen und diese werden ihnen automatisch zugeschickt. Als der Protagonist, Peter Arbeitsloser, eines Tages einen Delfinvibrator zugeschickt bekommt, beginnt er, das System zu hinterfragen.
Eigene Meinung
Ich rezensiere Now und Qualityland in einem gemeinsamen Post, weil sich beide Bücher mit Algorithmen auseinandersetzen, dabei aber in komplett unterschiedliche Richtungen gehen. Während Now den Konsumkapitalismus quasi über Nacht abschafft, dreht sich in Qualityland das ganze Leben nur noch um den Konsum.
Meine Mutter, die mir das Buch ausgeliehen hat, tat das mit der Anmerkung, dass sie das Buch deprimiert habe, weil es sie zu sehr an unsere echte Welt erinnert habe. Denn auch für uns entscheiden ja schon die Algorithmen, welche Meldungen wir in den Sozialen Medien und welche Werbungen wir im Internet zu sehen bekommen. Es ist nur der logische nächste Schritt, dass uns die entsprechenden Produkte gleich zugeschickt werden.
Doch Qualityland geht noch weiter. Roboter haben viele Berufsbranchen komplett übernommen. Fake News und Rassismus haben einen Höhepunkt erreicht. Menschen sehen nur die Nachrichten, die zu ihrem Weltbild passen. Die Leute werden automatisch in Levels eingeteilt und diesen entsprechend behandelt. Und es geht weiter und weiter. Qualityland zeichnet ein überaus detailreiches und abstruses Gesellschaftsbild.
Trotzdem fand ich das Buch überhaupt nicht deprimierend. Ein Grund dafür ist natürlich, dass es witzig ist. Es lässt sich sehr schnell und einfach lesen. Und manche der Figuren haben auf jeden Fall ein Komikpotential. Ich sag nur: eine Android-Autorin mit Schreibblockade oder ein Sexroboter, der Liebeskummer hat. Einfach köstlich! Mir hat gefallen, dass die Maschinen hier nicht als Bösewichte dargestellt werden, sondern als Wesen, für die man Sympathie und Mitleid empfinden kann. Das Highlight in diesem Aspekt war für mich definitiv der marxistische Präsidentschaftskandidat/Roboter John of Us.
Auch der Protagonist ist nachvollziehbar. Peter Arbeitsloser wird in die Rolle eines hoffnungslosen Mannes am unteren Rand der Gesellschaft gezwängt und beginnt als trauriges Kerlchen. Doch dann ergreift er zumindest teilweise Eigeninitiative und will nicht mehr der sein, für den die Algorithmen ihn halten.
Auch Qualityland befasst sich also mit den Algorithmen und der Digitalisierung der Welt. Doch es liest sich weniger wissenschaftlich, sondern unterhaltsamer als Now. Qualityland hat mir deshalb mehr Spaß gemacht zu lesen, während Now mich mehr zum Nachdenken gebracht hat. Letztlich sind beides gute Bücher, die ich jedem empfehlen kann, der in einer digitalisierten Welt lebt (also so ziemlich jeder).
Bewertung
++++ – Vier von fünf Punkten
Kennt ihr eines oder beide der Bücher? Wie ist eure Meinung darüber?
Das würde mich total interessieren!
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